Menschen mit Demenz

Sicheres Pflegen zu Hause für Pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz

Die Pflege eines Menschen mit Demenz stellt den pflegenden Angehörigen vor eine besondere Aufgabe. Neben der „üblichen“ hauswirtschaftlichen und pflegerischen Versorgung ist die seelische Belastung besonders hoch. Pflegende Angehörige nehmen täglich in kleinen Schritten von ihren Angehörigen, so wie er war Abschied. Den Blickwinkel zu wechseln und den Menschen so anzunehmen, wie er ist, erfordert Kraft, Zuversicht und neue Rahmenbedingungen. Auf diesem Weg möchten wir sie begleiten.

Deshalb  ist es besonders wichtig, dass unser zu Hause  auf die besonderen Anforderungen und  Bedürfnisse für Menschen mit Demenz sowie für ihre pflegenden Angehörigen  ausgerichtet ist. Das heißt nicht, dass Ihr Zuhause zum Pflegeheim wird,  sondern, dass es sicher und gemütlich sein und das Vertraute und Bekannte  erhalten soll.

Um die Sicherheit im häuslichen Umfeld der Pflegenden  Angehörigen und die des Menschen mit Demenz zu verbessern, haben wir das  Themenfeld „Zu Hause pflegen für Pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz“  entwickelt. Hier weisen wir unter anderem darauf hin, dass das Wohnumfeld sowie  die Verhaltensweisen des Menschen mit Demenz spezielle Anforderungen für  Pflegenden Angehörige aber auch für Menschen mit Demenz aufzeigt. Einerseits ist es für diese Menschen eine Unterstützung,  um im Alltag zurechtzukommen; andererseits ist es für die pflegenden  Angehörigen eine wichtige Maßnahme zur psychischen Entlastung. Wenn die  demenzerkrankte Person sich besser orientieren kann, verringert sich die Unruhe  und Verwirrtheit und der pflegende Angehörige wird weniger belastet.

Die Anpassung des Wohnbereichs bei Menschen mit Demenz sollte  immer individuell im Hinblick auf das Nachlassen der geistigen Fähigkeiten in  den verschiedenen Bereichen angepasst werden. Grundsätzlich sollte dies in   kleinen Schritten erfolgen und die Reaktion des Betroffenen beobachtet werden.  Insbesondere bei technischen Sicherungsmaßnahmen ist immer zwischen der  Notwendigkeit aufgrund der Selbst- und/oder Fremdgefährdung und dem  Selbstbestimmungsrecht des Menschen mit Demenz abzuwägen. Es ist wichtig, Lebensgewohnheiten  und Sicherheit gleichermaßen mit in Betracht zu ziehen.

Für pflegende Angehörige stellt die Demenzerkrankung zusätzlich eine besondere Herausforderung  dar. Neben der körperlichen Pflege gilt es, die Krankheit zu verstehen und  langsam vom vertrauten Bild des Angehörigen loszulassen. Ein Abschied beginnt.

Die zehn häufigsten Fragen von Angehörigen zum Thema Demenz


Der Begriff „Demenz“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „weg vom Geist“. In der Medizin wird Demenz häufig als Obergriff für verschiedene Symptome und Krankheitsbilder verwendet. Diese sind insbesondere das Nachlassen der geistigen Fähigkeit in folgenden Bereichen:

Merkfähigkeit

Die Betroffenen können sich neue Dinge nicht mehr merken und vergessen Dinge, die sie schon wussten.

Orientierung/Urteilsfähigkeit

Die Betroffenen haben Probleme, sich örtlich (z. B. den Weg nach Hause oder das Badezimmer nicht finden können) und auch zeitlich zu orientieren (das aktuelle Datum, der Wochentag, das Jahr und die Jahreszeit können nicht benannt werden, auch Tageszeiten werden verwechselt). Möglicherweise kommen Beeinträchtigungen in der Urteilsfähigkeit vor, z. B. können Gefahren für sich und andere Menschen nicht mehr eingeschätzt werden.

Verhalten/Stimmungsveränderungen

Die Betroffenen verhalten sich in unterschiedlichen Situationen für Außenstehende oft unangemessen. Auf der einen Seite reagieren sie wütend, eigenwillig oder zornig, ein anderes Mal ziehen sie sich zurück und wirken teilnahmslos. Ein Grund dafür kann sein, dass die Betroffenen im Laufe der Erkrankung vor allem ihr Selbstwissen und ihr Selbstbewusstsein verlieren. Sie bemerken gerade zu Beginn der Erkrankung, dass sie ihren Alltag nicht mehr selbständig bewältigen können und die Umwelt spiegelt ihnen dies wider. Eben das spüren die Betroffenen und verhalten sich ihrer Stimmungs- bzw. Gemütslage entsprechend gereizt und wütend – ohne einen für die Angehörigen fass- baren oder ersichtlichen Grund.

Probleme bei alltäglichen Handlungen

Bei einfachen Handlungen wie Zähneputzen oder Aus- und Anziehen von Kleidung hat der Betroffene Probleme. Da er die Fähigkeit zu Einzelhandlungen (z. B. das Heraus- nehmen der Zahnprothese sowie das Säubern und Wiedereinsetzen dieser) verloren hat, werden solche Tätigkeiten für den demenzkranken Menschen zu einem zu komplexen Handlungsmuster. Dies hat zur Folge, dass er diese Handlungen nur noch unter Anleitung der pflegenden Angehörigen erledigen kann. Auch das logische Denken lässt mehr und mehr nach.

Probleme bei Alltagsfertigkeiten

Die Betroffenen sind nicht mehr in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen. Zu Anfang der Erkrankung kann noch vieles überspielt oder bagatellisiert werden. Dies gelingt im weiteren Verlauf der Erkrankung nicht mehr (Beispiel: Ein Kind lernt während seiner Entwicklung, den Kühlschrank zu öffnen – es weiß, dort steht der Joghurt. Ein dementer Mensch vergisst die Bedeutung und den Nutzen eines Kühlschrankes – er legt z. B. seine Socken hinein.)

Handlungen, die früher eine Selbstverständlichkeit waren, gelingen nicht mehr. Eine Zahnbürste wird nicht erkannt und wird als Nagelbürste benutzt. Der Betroffene isst z. B. sein Essen kalt, weil er vergessen hat, dass es warm gemacht werden muss. Er isst sein Brot ohne Belag, da er vergessen hat, wie er es schmieren und dabei das Messer halten muss.

Sprache

Der Betroffene hat Schwierigkeiten, Dinge zu benennen und Probleme beim Verstehen von gesprochener und/oder geschriebener Sprache. Wichtig ist hier zu unterscheiden, ob es sich um ein Erkennungsproblem oder um ein Wortfindungsproblem handelt.

Wenn ein Betroffener zum Beispiel nur ein Hohlgefäß aus Glas sieht, dieses aber nicht als Trinkglas erkennt, dann hat er ein Erkennungsproblem und weiß deshalb auch nicht, was er damit machen soll und ist somit zu keiner Handlung (also daraus zu trinken) fähig. Weiß er aber, dass ein durchsichtiges Gefäß zum Trinken benutzt wird, kann es aber nicht als Glas benennen, wird er es trotzdem benutzen, denn er hat hier ein Wortfindungsproblem.

Grundsätzlich werden zwei Formen unterschieden:

Primäre Form (etwa 85 bis 90 Prozent)

Bei dieser Form ist das Gehirn direkt erkrankt. Man unterscheidet bei der primären Demenzform zwei große Hauptgruppen:

Neurodegenerative Demenzerkrankungen

Der Begriff „neurodegenerativ“ setzt sich aus den Begriffen Neuron (Nervenzelle) und Degeneration (Rückbildung) zusammen. Bei dieser Form sterben also die Nervenzellen ab. Die Ursache für das Zellsterben sind Eiweißablagerungen zwischen den Nervenzel- len. So sind die Kontaktstellen der Zellen gestört und werden zurückgebildet, dadurch verkümmern die Nervenzellen. Wenn zehn Prozent aller Kontaktstellen im Gehirn nicht mehr funktionieren, treten erste Krankheitszeichen auf. Die häufigste neurodegene- rative Demenzerkrankung ist die Alzheimer-Erkrankung, auf die im weiteren Verlauf eingegangen wird.

Vaskuläre Demenzerkrankungen

„Vaskulär“ stammt von dem lateinischen Wort für „Gefäß“. In diesem Fall sind die Blut- gefäße gemeint, die das Gehirn mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Ist diese Ver- sorgung z. B. durch Ablagerungen in den Blutgefäßen oder Verschluss eines Gefäßes gestört, kommt es zu einer Minderversorgung des Gehirns. Blutgefäße, deren Wände durch Ablagerungen stark verdickt sind, werden spröde und können reißen. Dadurch entsteht eine Gehirnblutung, die ebenfalls eine Demenz hervorrufen kann.

Alzheimer-Krankheit

Die Alzheimer Krankheit ist mit nahezu 60 bis 70 Prozent die häufigste Form einer Demenz. Sie wurde nach dem Neurologen (Nervenarzt) Alois Alzheimer benannt, der 1906 zum ersten Mal das Krankheitsbild vorstellte. Bei dieser Form bilden sich runde Eiweißablagerungen in bestimmten Gehirnregionen. Diese nennt man Amyloidpla- ques. Außerdem entstehen fadenförmige Eiweißablagerungen zwischen den Gehirn- zellen. Diese Entwicklungen führen zum fortschreitenden Absterben der Gehirnzellen. Das Krankheitsbild kann ab dem mittleren Lebensalter auftreten. Je nach betroffener Hirnregion kann es schon in sehr frühen Stadien zu Orientierungsproblemen, Sprach- störungen und Vergesslichkeit kommen.

Sekundäre Form (etwa 10 bis 15 Prozent)

Bei dieser Art der Demenz ist nicht das Gehirn selbst erkrankt. Es hat nur deshalb an Funktionsfähigkeit verloren, weil ein anderes Organ erkrankt ist (eine andere Grunder- krankung liegt vor). Das Gehirn reagiert also nur auf ein körperliches Problem. Dies kann bei Stoffwechselstörungen (z. B. Schilddrüsenunterfunktion), Organversagen

(z. B. Nierenversagen) oder Mangelzuständen (Austrocknung des Körpers) der Fall sein. Wichtig ist daher immer, eine Diagnose beim Neurologen erstellen zu lassen, da eine sekundäre Form oft heilbar ist!

Mischformen

Selten tritt eine Demenz in einer „Reinform“ auf. So können Kranke, die beispiels- weise an der Alzheimer-Erkrankung (neurodegenerativ) leiden, zusätzlich auch eine Schädigung der Blutgefäße im Gehirn (vaskulär) haben. Ebenso kann es umgekehrt bei Betroffenen, die eine Durchblutungsstörung im Gehirn haben, zusätzlich zu einer Eiweißablagerung zwischen den Nervenzellen kommen.

Erste Symptome können sein:

  • Häufiges Wiederholen derselben Frage oder Geschichte.
  • Schwierigkeiten bei alltäglichen Tätigkeiten, wie z. B. Telefonieren, Kochen, den Tisch decken, eine Glühbirne eindrehen.
  • Probleme, sich zu orientieren, vor allem in fremder Umgebung (daher möchte der Betroffene am liebsten zu Hause bleiben).
  • Sozialer Rückzug (der Betroffene geht z. B. nicht mehr zum Chor oder zum Kartenspielen).
  • Verlegen von Gegenständen an ungewöhnliche Orte, z. B. die Fernbedienung in den Kühlschrank.
  • Kleidung wird falsch angezogen.
  • Auf Fragen wird zunehmend ausweichend geantwortet, es werden Floskeln benutzt oder bei Nichtwissen einfach abgewiegelt.
  • Der Betroffene reagiert oft grundlos gereizt, ist nervös und lehnt Veränderungen ab.

Diese Symptome können, müssen aber nicht alle auftreten.

Ein Hausarztbesuch (sollte vom pflegendem Angehörigen angeregt werden):

  • Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) durch Befragung des Betroffenen und der Angehörigen
  • Laboruntersuchung (Blut- und Urintest)
  • Test zur Überprüfung der Gedächtnisfunktion
  • Überweisung zum Neurologen
  • weitere Befunderhebungen (Tests, Fragebögen)
  • bildgebende Verfahren des Gehirns (MRT/CT)
  • elektrische Darstellung des Gehirns (EEG)
  • Besuch einer Gedächtnisambulanz/Memoryklinik oder von
  • Einrichtungen, die auf die Diagnostik von Demenzerkrankungen spezialisiert sind

Der Krankheitsverlauf kann (je nach Ursache) sehr unterschiedlich sein. In der Regel werden drei Stadien unterschieden:

Erstes Stadium/Frühstadium/leichte Demenz

  • gelegentliches Vergessen; Störung des Kurzzeitgedächtnisses
  • Gefühle von Verlust, Unsicherheit, Angst und Scham sind sehr stark.
  • Die Fähigkeit, allein zu leben, ist noch vorhanden
  • Der Betroffene merkt, dass etwas nicht stimmt, baut eine Fassade auf und greift auf alte Strategien zurück.
  • Urteilsvermögen und Hygiene sind noch intakt, aber soziale Aktivitäten und die Arbeit bereits deutlich beeinträchtigt.

Zweites Stadium/mittleres Stadium/mittelschwere Demenz

  • zunehmender Verlust der geistigen Fähigkeiten; steigende Vergesslichkeit
  • selbständige Lebensführung ist nur noch bedingt möglich; ein gewisses Maß an Aufsicht ist erforderlich
  • Vernachlässigung der Hygiene
  • Desorientierung (Zeit und Ort)
  • Sprachstörungen (besonders das Sprachverständnis ist gestört)
  • Wahnvorstellungen (z. B. Bestehlungsideen)

Drittes Stadium/spätes Stadium/schwere Demenz

  • selbständige Lebensführung ist nicht mehr möglich
  • Verlust der Alltagskompetenz mit völliger Pflegeabhängigkeit
  • auf ständige Aufsicht und Hilfe angewiesen
  • Gedächtniszerfall mit Zerfall der Sprache
  • Angehörige werden nicht mehr erkannt; keine Orientierung mehr
  • Schluckprobleme, Inkontinenz (Urin und Stuhl können nicht mehr gehalten werden)
  • Bettlägerigkeit

Das Wesen des Betroffenen und seine Gefühle gehen im gesamten Verlauf einer Demenz nicht verloren.

Zunächst gibt es die medikamentöse Therapie, bei der Medikamente zum Einsatz kommen, die den Verlauf der Erkrankung verlangsamen, aber nicht dauerhaft aufhalten können. Des Weiteren werden Medikamente verabreicht, die bestimmte Symptome wie Unruhezustände, Ängste und Wahnvorstellungen beeinflussen können.

Die Wirksamkeit eines Medikaments ist bei jedem Menschen unterschiedlich!
Es sollte zuerst ein Versuch unternommen werden, das Verhalten des Betroffenen ohne Medikamente positiv zu beeinflussen. Hier ist es sehr wichtig, dass Angehörige sich über die Erkrankung informieren, um sich keine falschen Hoffnungen zu machen. Angehörige müssen lernen, mit der Erkrankung zu leben und den Betroffenen anneh- men, wie er ist. Zuwendung, Aktivierung, Beschäftigung und ein einfühlsamer Umgang erleichtern sowohl Betroffenen als auch Angehörigen den Alltag.

7. Ist Demenz heilbar?

Bis auf wenige Ausnahmen (die o. g. sekundären Demenzen) ist eine Demenz nicht heilbar. Lediglich der Abbauprozess kann durch bestimmte Medikamente verlangsamt werden.

8. Kann man an Demenz sterben?

Der Betroffene erliegt häufig einer Zweiterkrankung (z. B. einer Lungenentzündung, die durch die Bettlägerigkeit und Schwächung der Abwehr hervorgerufen wird).

9. Kann ich einer Demenz vorbeugen?

Es gibt bis heute noch keinen Schutz vor Demenz. Aber man kann durch einen gesunden Lebensstil das Risiko für eine Demenzerkrankung senken:

  • geistige Aktivität
  • körperliche Betätigung
  • in Gesellschaft mit anderen Menschen sein
  • eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse
  • rechtzeitige Behandlung von Risiko-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
10. Was ist besonders wichtig?

Informieren und Hilfe annehmen! Die Pflege von Demenzkranken kann nur gelingen, wenn die Last verteilt wird.